Staat und Kirche trennen:

Kirche Staat

Was sich so einfach formulieren lässt, ist in der Umsetzung eine Mammut-Aufgabe


Warum diskutieren wir immer wieder darüber? Es geht um Geld – Steuergelder – und Macht!

Aber wie finanzieren sich die Kirchen?


Dies hängt zum einen von den rechtlichen Rahmenbedingungen seitens des jeweiligen Staates ab, also dem jeweils geltenden Staatskirchenrecht. Soweit dieses den einzelnen Gemeinschaften Selbstbestimmung zugesteht, hängt es zum anderen vom jeweiligen Kirchenrecht ab, inwieweit von den eingeräumten Möglichkeiten auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird.
Die Situation unterscheidet sich deshalb zwischen den einzelnen Religionen und Konfessionen sowie den einzelnen Staaten, ja mitunter auch innerhalb eines Staates erheblich.
Die Schweizer Bundesverfassung erlaubt Kantonen im Rahmen der Glaubens- und Gewissensfreiheit eigene Regelungen betreffend das Verhältnis zu den Kirchen. Aus diesem Grund können Kantone die Handhabung der Kirchensteuer selbst regeln.
Kirchensteuerpflichtig sind natürliche Personen, die Mitglied in einer vom Kanton
anerkannten Kirche sind. Es liegt in der Kompetenz der Kantone, ob sie ausgewählten Religionsgemeinschaften einen besonderen Status als Landeskirche verleihen wollen. In den meisten Kantonen sind die römisch-katholische Kirche und die evangelisch-reformierte Kirche als Landeskirche anerkannt, in einigen Kantonen auch die christkatholische Kirche. Auch die jüdische Gemeinschaft geniesst in einigen Kantonen öffentlich-rechtliche Anerkennung.
(Anmerkung des Verfassers: zu Mitgliedern werden sie automatisch nach der Geburt gemacht!).
Firmen, müssen in 18 Kantonen Kirchensteuern bezahlen, obwohl sie im Regelfall weder religiösen Zwecken nachgehen, noch innerhalb der Kirchgemeinde ein Stimmrecht ausüben können. Damit wird nicht nur der Grundsatz der Glaubensfreiheit missachtet, sondern auch das Prinzip der religiösen Neutralität verletzt. Dieser Missstand wollte man mit der Abschaffungs-Initiative: «Keine Kirchensteuern für juristische Personen» beseitigen. Firmen sollten keine Steuern mehr an die Kirchen abliefern müssen. Dabei ging es noch nicht um die Trennung von Staat und Kirche.
Viele Menschen (Vorwiegend Ausländer) werden gezwungen, wider ihren Willen Kirchensteuern an Religionsgemeinschaften zu zahlen (durch Quellensteuern), welchen sie nicht angehören oder wollen. So bezahlt jeder Steuerzahler einen Beitrag an alle anerkannten Kirchen ob er will oder nicht. Dies unabhängig ob er aus der Kirche ausgetreten und von der sogenannten Kirchensteuer befreit wurde.
Ein Grossteil der Bevölkerung, mit vom Staat nicht anerkannten Religionen, ist nicht stimmberechtigt. Diese meist ausländische Wohnbevölkerung (insgesamt etwa 20 % der Bevölkerung) wird also gezwungen, Kirchensteuern zu entrichten ohne Möglichkeit der politischen Mitsprache. Eine Mitsprache zur Verwendung von Staatssteuern ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Regelung der Beziehungen von Kirche und Staat und damit auch staatlich unterstützter Kirchenfinanzierung fällt in die Zuständigkeit der Kantone.
Die Verleihung der Steuerhoheit ist an die Voraussetzung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen gebunden. Kommunale oder kantonale kirchliche Körperschaften sind in der Lage, diesen Voraussetzungen zu entsprechen.
Doch auch ohne Beiträge der natürlichen und juristischen Personen besteht ein Kirchensteuer-Zwang. Der Staat – also wir – bezahlt Beiträge an die vom ihm anerkannten Kirchen- und Religionsgemeinschaften.
Berechnungsgrundlage und Höhe der Kirchensteuern sind vielfältig.
Auch wenn diese Kirchensteuern und -beiträge vielerorts von den staatlichen Behörden eingezogen werden, liegt die Steuerhoheit bei den staatskirchenrechtlichen Organisationen (Kirchgemeinden, kantonalkirchliche Körperschaften) und nicht etwa beim Staat. Der Staat bietet der Kirche die Steuerhoheit lediglich an – die Kirche muss diese nicht in Anspruch nehmen, d.h. ihre Freiheit wird dadurch in keiner Weise einschränkt. Der Staat verknüpft die Gewährung der Steuerhoheit allerdings mit der Bedingung, dass bei der Entscheidung über die Mittelverwendung demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden.
Das staatliche Inkassoverfahren, nimmt den kirchlichen Institutionen den Verwaltungsaufwand ab und suggeriert damit gleichzeitig eine gemeinnützige Funktion der Kirche. Die Unterstützung von kirchlichen Gebäuden, kirchlicher Entwicklungshilfe, karitative Institutionen, theologische Fakultäten, werden als Subvention der Kirchen angesehen. Dass die Kirchen eine Gemeinnützliche Funktion haben ist reine Augenwäscherei. So wird die vielzitierte CARITAS zu lediglich ca. 15% durch die Kirche selbst unterstützt.
Das oft gehörte Argument, dass durch den Wegfall der Steuerzuschüsse soziale und kulturelle Angebote des öffentlichen Interesses wegfallen würden, der vergisst, dass man auch ohne Umwege über die Kirche diese Angebote finanzieren könnte.
Man kann die Meinung vertreten, dass die Steuer rechtlich zulässig sei, sofern ihr Ertrag nicht für kultische Zwecke, sondern für Leistungen im Interesse der Allgemeinheit verwendet wird – aber warum der okkulte Umweg über die Kirche? Als Steuerzahler haben wir kein Recht auf die Zweckbestimmung für die Verwendung der Steuergelder Einfluss zu nehmen. Über die Verwendung von Steuermitteln kann nur das Parlament, nicht aber der einzelne Steuerpflichtige entscheiden. Das Demokratieprinzip verbietet Individualbestimmungen über die Steuerverwendungen.

Quellen der Kirchenfinanzierung:


In den meisten Kantonen ist die Entrichtung der Kirchensteuer für die Kirchenmitglieder obligatorisch. Ausnahmen bilden die Kantone Genf und Neuenburg. In der Waadt werden die Aufgaben der Kirche durch Staatsbeiträge finanziert. Der Kanton Tessin kennt ein Mischsystem. Im Wallis kommen hauptsächlich die politischen Gemeinden für die Löhne der Seelsorger und den Unterhalt der Kirchen auf Pfarrei-Ebene auf.
Der Verzicht auf die öffentlich-rechtliche Anerkennung der Kirche und auf das Recht, Kirchensteuern zu erheben, hätte zur Folge, dass die Kirche sich privatrechtlich als Verein oder Stiftung organisieren müsste. Sie müsste dann von Beiträgen und freiwilligen Spenden sowie von ihren eigenen Einkünften (z.B. aus kirchlichem Grundbesitz) leben.


Eigene Erträge


Eine weitere Quelle der Kirchenfinanzierung sind Einnahmen aus der Bewirtschaftung kirchlichen Grundbesitzes und kirchlicher Vermögenswerte, aus den Erträgen der Arbeit kirchlicher Institutionen oder aus kirchlichen Stiftungen.

«Kantönligeist» in der Kirche


Angesichts des Steuerföderalismus gibt es mehrere Systeme und Varianten dieser Steuer. So stammt im Kanton Zug z.B. über die Hälfte der Einnahmen der römisch‐katholischen Kirche aus der Besteuerung juristischer Personen, im Kanton Bern hingegen sind es nur rund 18 Prozent. Auch im Kanton Zürich machen die Einnahmen aus dieser Steuer ein Viertel der Einnahmen der Evangelisch‐Reformierten Kirche aus und ein Drittel jener der Römisch‐ Katholischen Kirche. In einigen Kantonen hätte der Wegfall dieser Steuer für die Kirchen also entsprechend dramatische finanzielle Konsequenzen.

Wo liegt das Problem bei der Trennung von Staat und Kirche?


Der Systemwechsel (Staat und Kirche trennen) hätte juristische Schwerarbeit zur Folge. Am Beispiel des Kantons Bern lässt sich das erklären.
Zur Zeit der Reformation 1528 waren die meisten Kirchen gestiftet worden. Stifter waren meist Adlige, welche nebst der Kirche jeweils auch Land und Immobilien gestiftet hätten, damit die Pfarrer daraus einen grossen Teil ihres Lebensunterhaltes selber erwirtschaften konnten.
Zudem hatten die Pfarrer Einzugsrechte, sie konnten sogenannte «Jahrzeitspenden» einziehen. Angehörige gaben beispielsweise dem Priester Geld, damit er für einen Verstorbenen jährlich eine Messe las. Mit der Reformation sind diese Einzugsrechte weggefallen, im Gegenzug hat die kantonale Obrigkeit einzelne Kirchengüter zusätzlich aufgewertet.
1804 wurde alles neu: Die Berner Kirchengüter wurden vollständig verstaatlicht. Die früheren Stiftungen gehörten nun dem Kanton. Dieser verpflichtete sich im Gegenzug, für den Unterhalt der Pfarrer aufzukommen.

Wollte man Kirche und Staat gänzlich trennen, würde das zu einer güterrechtlichen Auseinandersetzung führen. Zur «juristischen Schwerarbeit» würde das, weil der Staat nicht alle einstigen Kirchengüter zurückgeben könnte, da er nicht mehr über alle verfügt. Über die eingezogenen Vermögenswerte hat die damals «christliche Obrigkeit» nicht Buch geführt.
Wollte beispielsweise der Kanton Bern die Pfarrei-Löhne nicht mehr bezahlen, wäre auch eine völkerrechtliche Verpflichtung aus dem Jahr 1815 betroffen: Im Zusammenhang mit dem Wiener Kongress ging das ehemalige Bistum Basel in den Besitz des Kantons Bern über, wobei sich die Berner verpflichteten, die katholische Kirche gleich zu behandeln wie die reformierte. Und 1874 verlangte der Grosse Rat das Gleiche auch noch für die christkatholische Landeskirche.
Wie der Kanton Bern kam bis 2010 einzig der Kanton Zürich für die Löhne der reformierten Pfarrer auf. Doch seit 2010 leistet der Kanton Zürich Beiträge durch staatliche Steuern an die verschiedenen Religionsgemeinschaften. Diese entlöhnen dann die Pfarrer selber.
Staat und Kirche trennen ist also ein Grundsatzentscheid, der mit der Aufhebung und Neuverhandlung vieler Einzelverträge und güterrechtlicher Auseinandersetzungen verbunden ist. Dennoch müsste dieser Grundsatzentscheid gefällt werden.

Menschen, die sich gerne in eine Abhängigkeit begeben vertrauen sich den Kirchen, den Religionen an, die wiederum keine Eigenverantwortung übernehmen und von den staatlichen Zuschüssen profitieren.

Kurt Spalinger-Røes