Armee oder Katastrophenhilfe?


Rettungstruppen
Foto: Schweizerische Eidgenossenschaft



Neues Pflichtenheft für die Schweizer Armee


Von den Kampftruppen zur NotfallVersorgungsTruppe (einer Katastrophen-Hilfstruppe)
Von: Kurt Spalinger-Røes, 5610 Wohlen, 27.05.2014

Einleitung
Mit etwas über 500 Dienstagen und Erfahrungen bei den Fliegertruppen ist mir bewusst, dass die absurde Idee unseres heutigen Armeeleitbildes nicht mehr tragbar ist.
Ich bitte die Armeeführung und die Politikdarsteller das Parteibuch vor dem Kopf zu entfernen und über Sinn und Unsinn der Schweizer Armee nachzudenken.
Ich finde es unverantwortlich, wenn goldbestickte, grünwamsige Männer wider besseres Wissen das Volk anlügen oder ihr Nichtwissen verbreiten.
Man kann aus den Augen der Dienst leistenden Menschen lesen, dass nicht wirklich ein grosser Sinn und eine klare Aufgabe im heutigen Armeeleitbild erkannt wird.
Ich verstehe die Argumente der Armeebeführworter, dass die Dienstpflicht den jungen Menschen nicht schade, sondern im Gegenteil zur sozialen Kompetenz beitrage. Dies muss aber nicht im Rahmen von sinnlosem Waffenrasseln ausgetragen werden. Eine Notfall Versorgungs-, eine Katastrophen-Hilfstruppe kann diese Aufgaben ebenfalls erfüllen. Lasst uns Neuland beschreiten - die Zukunft braucht sinnvolle Lösungen die den Einsatz der finanziellen Mittel auch rechtfertigt.

Konzept der Schweizer Armee heute:
«Schutz unseres Landes gegenüber Bedrohungen von aussen, Schutz der Bevölkerung vor kriegerischen Ereignissen, inneren Unruhen oder Hilfe bei Katastrophen».

Analyse der Bedrohungslage einst:
Es ist ziemlich einfach zu beobachten und festzustellen, dass die Einschätzung der Bedrohungslage von der Armeeleitung und auch weiten Teilen des Parlaments sich heute noch auf den Zeitraum 1945 – 1990 bezieht. Das damalige Denken, die Furcht vor dem Osten, das noch mangelhafte Vertrauen in die neue Institution Europa konnte als Begründung dienen.
In das Bild einer Armeeleitung im Jahre 1970 konnte das noch irgendwie glaubhaft reinpassen. Auch wenn schon damals nicht so ganz klar definiert werden konnte, wer ein solcher Angreifer sein könnte. Was könnte der Grund einer feindlichen Armee sein, uns anzugreifen? Mit der Schweiz muss man nicht kämpfen. Die Schweiz holt man sich über Verträge, Bestechung, durch Absprachen, eine Hand wäscht die andere. Durch das Bankgeheimnis, durch einflussreiche Sympathisanten, durch die Sicherung von Transportwegen.
Aber spätestens seit dem Fall der Mauer (1989) und dem Zerfall der Sowjetunion muss der Schleier der Vernebelung gelichtet und erkannt werden, dass neue Zeiten angebrochen sind und neue, andere Bedrohungen entstanden sind.
Natürlich hat Russland eine Armee, die sich sehen lassen kann. Die Türkei und Griechenland auch. Ebenfalls Deutschland, Frankreich, Britannien... wer nicht. Ich möchte aber jetzt einfach mal laut, deutlich und klar von einem Mitglied des Generalstabs wissen, welches Land auf die Idee kommen könnte unsere militärische Infrastruktur auszutesten und mit welchem Ziel. Ich möchte klar und deutlich und ebenso verbindlich hören, dass man davon ausgehen könnte, dass z.B. Rumänien mit 200 Panzern und 100 Kampfjets auf uns loszugehen plant. Es darf auch ein anderes Land sein, meine Herren Brigadiers, Sie haben die Wahl.
Wenn die Schweiz im Zentrum der EU, als unabhängiges Land bestehen kann – was ich hoffe, könnte eine Besetzung durch die Grossmächte USA oder Russland möglich sein. Doch was hätten wir dem entgegenzuhalten? Wenn die USA oder Russland auf die Idee kommen könnte ein Stützpunkt in Europa einzurichten, wie könnten wir das verhindern? Abgesehen davon, dass die NATO sich das nicht gefallen lassen würde und dieses Scenario dann einem dritten Weltkrieg gleichkommen würde.

Die Bedrohungslage heute ist:
-  Cyber Crime (Computer-Kriminalität, die unser Versorgungssystem lamlegen kann)
-  Terrorismus
-  Wirtschaftskriminalität im grossen Stil (Inflation)
-  Organisierte Kriminalität
-  Migration
-  Kriminaltourismus
-  Cruise Missiles und Drohnen
-  steigende Anzahl und Intensität von Naturkatastrophen infolge des Klimawandels
-  Drohende Gefahren die von Atomkraftwerken ausgehen Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

Kann es tatsächlich unser Ernst sein, all diesen möglichen Bedrohungen mit Panzern, Kampfjets und Infanteristen, Artilleristen und Gebirgsfüsilieren entgegen zu treten?
Mit welchen Mitteln können wir den neuen und realen Bedrohungen begegnen?
Die jetzigen Genietruppen
1), die Rettungstruppen 2), die Logistiktruppen 3) und die Sanität 4) wären durch eine starke Lufttransporteinheit (Transporthubschrauber wie: NH90, Transportflugzeuge wie: C-27J, Airbus A400M) die der Logistik zuzuordnen wären, zu ergänzen. Eine «Schutz dem Eigentum» Truppengattung, hervorgehend aus den jetzigen bewaffneten Einheiten und der Militärpolizei, die im Katastrophenfalle das Eigentum der Bevölkerung vor Plünderungen schützt, könnte diese bewaffnete Aufgabe übernehmen.
Luftpolizeiliche Aufgaben könnten beispielsweise mit dem
Pilatus PC-24 oder dem Scorpion (s. dazu auch Bericht im Tages Anzeiger) wahrgenommen werden.
Die genannten Bestände voll aus einer Berufsarmee zu bilden wäre zu prüfen. Die Anforderungen an eine Katastrophen-Hilfstruppe ist hoch. So hoch, dass Milizsystem möglicherweise überfordert wäre. Zudem muss berücksichtigt werden, dass Ausfälle im Arbeitsprozess infolge Militärdienstleistungen von den Arbeitgebern immer weniger toleriert werden, von ausländisch geführten Firmen ohnehin nicht.
Bestimmt kann ein Teil der Truppe aus Milizpersonal bestehen und dem Leitsatz von General Henri Guisan folgen: «Die Schweiz hat keine Armee – Die Schweiz ist eine Armee!». Die Schweiz wird dann zwar keine Armee, im Sinne einer bewaffneten, vom französischen Wort «armer», aufrüsten, ausrüsten, bewaffnen, abgeleitete Armee mehr sein, der Milizcharakter könnte aber weiterhin bestehen.

Damit möchte ich aufzuzeigen, in welche Richtung die Planung der Sicherheit unseres Landes - des Bürgers zielen muss.
Wir müssen uns vom Gedanken trennen, dass die mit Eichenlaub dekorierten Reduit-Nostalgiker eine solche Umstrukturierung planen könnten. Das wird nur mit professioneller Hilfe aus den Bereichen: Wissenschaft, Informatik, Aviatik, Logistik, Bauwesen, Staatsrecht und Politik gelingen.
Die heutige Armeeführung dürfte auf beiden Augen blind sein und kann aufgrund ihrer eingefahrenen Wege niemals wirklich neue Konzepte bringen.
Von grosser Bedeutung wird eine offene Information und Kommunikation gegenüber der Bevölkerung sein. Das Volk muss nachvollziehen können, was der Wandel für eine Bedeutung hat. Es gilt, auch die Rütli-Schützen und Kavallerie-Nostalgiker mit der Vorgehensweise dieses Prozesses zu überzeugen (der Kavallierie messe ich immer noch mehr Berechtigung zu als der Kampfflugzeugbeschaffung).
Mensch erwache!
 
Warum dieser Text?
Im Dezember 2013 beschäftigte mich der Gedanke über Sinn und Unsinn unserer Armee, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des ganzen Kampfjet-Gripen-Beschaffungstheaters, welches immer unsinnigere Diskussionen hervorbrachte.
Ich habe deshalb auf der Basis von
Chris Steinegger diesen Text verfasst. Weiterreichende Infos finden sich auf seiner Homepage: http://www.schweizer-armee-2020.ch

Die in diesem Papier gemachten Vorschläge sind als Denkanstoss zu verstehen und könnten auch Armee-Gegner überzeugen..

Kurt Spalinger-Røes




Folgende Leistungen werden schon heute von der Armee erbracht und müssten für zukünftig Aufgaben lediglich angepasst und verstärkt werden.

1) Die Genietruppen unterstehen dem Lehrverband Genie/Rettung und werden für Aufgaben eingesetzt, die besondere technische Kenntnisse und Ausrüstungen erfordern: Sicherstellen der Beweglichkeit, Einschränken der gegnerischen Beweglichkeit, Sicherstellen von Schutz und Überleben, allgemeine Genieaufgaben und Katastrophenhilfe.

2) Mit ihren spezialisierten Verbänden sind die Rettungstruppen die Hauptträger der militärischen Katastrophenhilfe. Sie leisten als Hauptauftrag Rettungseinsätze in schweren und ausgedehnten Schadenlagen und bei Grossbränden. Sie können im Bedarfsfall durch Elemente anderer Truppengattungen ergänzt werden. Zusätzlich erbringen sie Beiträge zur Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen.

3) Die Logistiktruppen sind in verschiedenen Bereichen tätig. Der Bereich Nachschub/Rückschub stellt sicher, dass die von der Truppe benötigten Güter aller Nachschubklassen wie zum Beispiel Verpflegung, Betriebsstoffe, Munition und Ersatzteile bedarfsorientiert verfügbar sind und dass nicht mehr gebrauchte Güter zurückgenommen werden. Der Bereich Verkehr und Transport plant und führt Verschiebungen von Personen und Gütern in grösserem Ausmasse über grössere Distanzen. Dafür werden alle Verkehrsträger und Transportmittel miteinbezogen. Der Bereich Instandhaltung hat zum Ziel die Funktionsfähigkeit von Waffen, Systemen und Fahrzeugen in bedarfsorientierter Zeit, so nahe wie möglich beim Benutzer zu erhalten beziehungsweise wieder herzustellen. Zu den Logistiktruppen gehören ebenfalls die Train-, Veterinär- und Hundeführerformationen. Sie werden zur Unterstützung der Truppe, aber auch subsidiär zugunsten ziviler Stellen eingesetzt.

4) Die Sanität hat zum Ziel vor dem Spital präventive, diagnostische und therapeutische Leistungen der medizinischen Grundversorgung sicherzustellen. Weiter sind erkrankte und verletzte Personen, sofern dies nicht durch zivile Institutionen erbracht werden kann, notfallmedizinisch zu versorgen. Geeignete und geschützte Zivilspitäler werden verstärkt und bei der Erstversorgung von Patienten unterstützt. Bei Bedarf werden diese Leistungen aus einem Rettungszentrum sichergestellt. Ebenfalls wird sichergestellt, dass Medizin- und Laborprodukte, auch bei besonderen Ereignissen, über den Nach- und Rückschub rasch verfügbar sind. Die Aufgaben der Sanitätstruppen reichen von der Aufnahme von Verwundeten und Kranken in die Sanitätshilfsstelle über die Behandlung und Pflege im Spital bis hin zur Hilfeleistung für die Zivilbevölkerung. Erste Hilfe entscheidet über das Schicksal des verletzten Menschen.

Quelle: Schweizerische Eidgenossenschaft